In Zeiten der Digitalisierung nimmt Projektarbeit zu, wird
komplexer und weniger planbar. In Folge dessen steigt die Überlastung aller Beteiligten. Aus Sicht der Betroffenen geschieht das oft schleichend, ist aber im Prinzip absehbar.
Folge der Überlastung durch Projekte sind Stresssymptome und
Burnout bei den Mitarbeitern. Die Projekte werden nicht rechtzeitig fertig, die
Ergebnisse sind unvollständig oder in schlechter Qualität. Die Laufruhe einer
Organisation sinkt beträchtlich.
Die Frage, wer dafür verantwortlich ist, ist eigentlich
leicht zu beantworten: Da niemand das ganze Bild der dafür verantwortlichen
Faktoren hat: Alle. Betroffene Mitarbeiter, Projektleitung, Vorgesetzte und
manchmal sogar die Kunden.
Spätestens an dieser Stelle stellt sich die Frage, wie diese
Verantwortung konkret angenommen und wie sie wahrgenommen werden kann.
Hier spielen die 4 Kulturelemente prozessorientierter
Projektarbeit eine entscheidende Rolle:
Transparenz und Klarheit
Um Überlastung überhaupt beschreiben zu können, muss es die
Bereitschaft geben, darüber Transparenz
herzustellen und die gewonnenen Erkenntnisse in aller Klarheit zu kommunizieren. Wer hier wegschaut, weil er es lieber
nicht sehen will, hat schon verloren.
Wer die gewonnene Transparenz nicht in aller Klarheit mit
anderen Beteiligten teilen möchte, ebenfalls. Vorgesetze, die nicht gezielt nachfragen,
ob die geplanten Aufgaben auch zu schaffen sind, gehören dazu. Aber auch
Mitarbeiter, die die eigene Überlastung über Jahre als vorübergehenden Zustand
betrachten.
Wertschätzung und Augenhöhe
Eine wichtige Voraussetzung zur Klärung einer
Überlastungssituation ist die Wertschätzung
der eigenen Gesundheit und die seiner Kollegen und Mitarbeiter. Obwohl
„Work-Life-Balance“ nach wie vor immer wieder zum Thema gemacht wird und als bedeutender
Faktor der in allen Unternehmen besungenen „New Leadership-Bewegung“ gesehen
wird, ist sie noch immer sehr unterrepräsentiert.
Um eine Überlastungssituation ansprechen zu können, ist Augenhöhe mit anderen Funktionen,
Kunden und hierarchisch höher Gestellten eine zwingende Voraussetzung. Konkret
bedeutet das, sich wirklich zu trauen, die Situation anzusprechen, auch wenn
das in vielen Organisationen zunächst als Schwäche ausgelegt wird. Da das oft
schwer ist, ist es wichtig, als Kunde oder Vorgesetzter auch mal aktiv
nachzufragen und zuzuhören, um Augenhöhe herzustellen.
Fehler-und Lernkultur
In einer sich schnell entwickelnden Welt sind Projekte sehr
viel schwerer planbar als noch vor wenigen Jahren. Das Scheitern und das daraus
Lernen muss deshalb wesentlicher Bestandteil der Projektarbeit sein. Gerade in
agilen Vorgehensweisen wie Lean Startup und Lean Change sind sie sogar explizit
Teil eines effektiven und effizienten Vorgehens in einer sich schnell
verändernden Umwelt.
Viele einzelne Menschen und Organisation sind es gewohnt, Fehler zu vertuschen, oder die tatsächlichen oder vermeintlichen Verursacher
dafür anzugreifen. Damit wird es nicht möglich sein, sie entspannt zum Beispiel
in gemeinsamer Reflexion wahrzunehmen, sie zu analysieren, daraus zu lernen und
sie am Ende sie zu korrigieren.
Folge davon sind oft Projekte, die in die falsche Richtung
laufen oder längst abgebrochen werden hätten müssten. Erst durch Transparenz
können Projekte gestoppt werden, die sich im Verhältnis zum Nutzen als zu
aufwändig erweisen. Damit steigt die Effizienz der eingesetzten Mitarbeiter und Überlastungssituationen
können vermieden werden, ohne großen Schaden zu nehmen.
Konfliktkultur
Wenn es trotz klarer Kommunikation und Lernbereitschaft bei einer Überlastung bleibt, gilt es Prioritäten zu setzen. Da diese von den unterschiedlich
Beteiligten nicht immer gleich gesehen werden, muss oft – im positiven Sinn –
darum gerungen und manchmal sogar gestritten werden. In einer guten Konfliktkultur werden unterschiedliche
Sichtweisen klar benannt, Gemeinsamkeiten festgestellt und am Ende entweder auf
Augenhöhe verhandelt oder in einer hoffentlich akzeptieren Hierarchie nachvollziehbar
und begründet entschieden.
Um dies zu gewährleisten, sollte ausreichend Bereitschaft
zur konstruktiven Konfliktklärung entwickelt, geeignete Methoden etabliert und ein
angemessener Umgang mit Emotionen gelebte Praxis sein.
Wie können wir unsere Kultur verbessern?
Die oben kurz beschriebenen kulturellen Barrieren sind in
vielen Unternehmen und Organisationen seit vielen Jahren sehr tief verankert.
Meiner Erfahrungen nach lässt sich Kultur verändern, wenn sie regelmäßig hinterfragt wird. Das Hinterfragen sollte mit einer Selbstreflektion der betroffenen
Personen, z.B. in kollegialen Gesprächen, beginnen und mit regelmäßigen gemeinsamen
Kulturretrospektiven in der Leitung eines Unternehmens enden. Nur so lässt sich Schritt für Schritt Wirksamkeit herstellen.
Auch als Kunde hilft es, sich regelmäßig zu fragen, ob man
sich selbst einen Gefallen tut, wenn man sich seinem Lieferanten gegenüber als
„König Kunde“ gebärdet und damit auf Augenhöhe verzichten kann.
Mein Fazit:
Unsere Organisationen zu überlasten, sitzt lange
schon tief und ist stark in unseren Unternehmenskulturen verankert. Daher
brauchen wir gemeinsame Bewegung mit der konsequenten, offenen und ständigen Frage,
was wir weg lassen können: Stop starting, start finishing.
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