Mittwoch, 2. August 2017

Paartherapie IT und Business: 6 Tipps für eine funktionierende Partnerschaft in Zeiten der Digitalsierung.


„It’s complicated“ ist wohl der häufigste Beziehungsstatus zwischen IT und Business. Denn das Aufeinandertreffen derart unterschiedlicher Fachlichkeiten, Menschentypen und Erfahrungshorizonte führt häufig zu Missverständnissen und Konflikten.

Neue Lösungen und Businessmodelle der Zukunft entstehen jedoch nur aus exzellenter Zusammenarbeit. Die Technik wird vom Dienstleister zum Motor der Veränderung. Wie soll das gehen, wenn sich Technik und Business nicht verstehen?

Paartherapie ist angesagt! Denn für die großen Herausforderungen unserer Zeit ist der Erfolg dieser Partnerschaft elementar: Digitale Lösungen und Businessmodelle der Zukunft können nicht mehr an einzelnen Schreibtischen entstehen, sondern erfordern eine exzellente Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Diese Erkenntnis ist erfahrungsgemäß noch nicht bei allen Beteiligten in der IT und den Fachabteilung angekommen. Immer noch betrachten Fachabteilungen ihre interne und externe IT als reine Servicfunktionen anstatt sie als strategischen Partner wahrzunehmen. Und immer noch werden externe Dienstleister eher als Kostenfaktor und Produktionseinheit gesehen, der möglichst kostengünstig Anforderungen erfüllt, die vorher ohne Rücksprache von den Fachfunktionen entwickelt wurden. Sie werden demnach oft nicht als Berater und Partner akzeptiert, mit dem man von Anfang an eine gemeinsame Lösung entwickelt. Umgekehrt haben viele IT-ler das Gefühl, dass sich das Business wenig Mühe gibt, technische Zusammenhänge ausreichend  zu verstehen, sodass man gemeinsam fundierte Entscheidungen treffen kann.

Wie eine gute Beziehung gelingen kann, lässt sich prima mit Erfahrungen aus realen Paarbeziehungen vergleichen: Das Wichtigste ist, sich ausreichend Zeit für analoge Kommunikation zu nehmen und nicht davon auszugehen, dass der andere einen entweder blind oder aufgrund von kryptischen e-mails und chats versteht.

Dass das, für die Gestaltung der Zukunft notwendige, analoge Gespräch auch wirklich gelingt, erfordert gute Werkzeuge, die das miteinander unterstützen, sowie eine gute Gesprächstechnik und die richtige Haltung. Eine gute Kommunikation kann geübt und gelernt werden, wenn beide Partner ehrlich daran interessiert sind.

Nachfolgend finden sie ein paar Tipps, die sie bei einem Besuch unseres Streams „Paartherapie – IT meets Business 2.0“ am 7.September 2017 auf der solutions.hamburg mit praktischen Beispielen vertiefen und anschließend direkt in ihren digitalen Vorhaben umsetzen können.

Zeit nehmen

Zusammenarbeit benötigt Zeit und Ressourcen. Nur so können Gespräche und Meetings entstehen, die den nötigen Tiefgang für neue, gemeinsame Lösungen bieten, die von allen getragen werden. Wie im Qualitätsmanagement gilt auch hier: Gemeinsame Zeit, die zu Beginn eines Vorhabens investiert wird, zahlt sich im Verlauf des Prozesses mehrfach aus. Denn so können Fehler, Missverständnisse und Reibungsverluste vermieden werden.

Gemeinsame Bilder schaffen

Zentrales Element einer erfolgreichen Zusammenarbeit ist es, durch gute Gespräche gemeinsame Bilder zum Ziel eines Vorhabens und zum Vorgehen zu schaffen, vor allem aber auch zur gemeinsamen Lösung.
Dabei ist es sehr wichtig, dass die zu Beginn unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen zunächst von allen Beteiligten wirklich verstanden werden, bevor man ein von allen akzeptiertes gemeinsames Bild entwickelt.
Es hilft hierbei eher Fragen zu stellen, als bereits zu Beginn unterschiedliche Positionen zu diskutieren. Um der Komplexität der meisten Probleme gerecht zu werden, sollten dazu eine passende Methode (z.B. Design Thinking oder das KontextModell zur Auftragsklärung) verwendet werden und die Ergebnisse des Gesprächs für alle Beteiligten sichtbar, z.B. durch Visualisierung, festgehalten werden. Es geht also in erster Linie um Fragen und Zuhören im Pull-Prinzip statt einem mehr oder weniger offenen einseitigen Austausch von Argumenten im Push-Prinzip.

Wertschätzung und Augenhöhe

Eine gute Partnerschaft ist nur möglich, wenn die Partner ihre Unterschiedlichkeit schätzen und die Synergien sehen, die durch die verschiedenen Blickwinkel möglich werden. Die Beteiligten sollten sich grundsätzlich hohe Kompetenz in ihrem eigenen Fachgebiet zugestehen und nicht von der fehlenden Kompetenz im eigenen Feld auf eine grundsätzliche Unfähigkeit schließen, wie das immer wieder der Fall ist. Sich in den Partner hineinversetzen zu können und sich wirklich auf Augenhöhe zu begegnen sind also unerlässliche Bedingungen für eine erfolgreiche Digitalisierung.

Transparenz und Klarheit herstellen

Information ist der Grundstoff, aus dem digitale Innovationen entstehen können. Der dritte Erfolgsfaktor einer erfolgreichen Digitalisierung ist es folglich, alle wesentlichen Informationen jederzeit allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen, sodass sie im Gestaltungsprozess sinnvoll genutzt werden können.
Digitalisierung ist, wie im Motto der solutions deutlich wird, „Mannschaftssport für Unternehmen“. Dass es in einer Mannschaft nicht besonders hilfreich ist, wenn Informationen bewusst oder unbewusst zurückgehalten werden und jeder „sein eigenes Süppchen kocht“ versteht sich eigentlich von selbst, ist aber in vielen Organisationen nicht selbstverständlich.

Fehlerkultur leben

Gute Partner gestehen sich und ihrem Partner Fehler zu und erwarten nicht, dass immer alles perfekt läuft. Dabei sollten sie jedoch sich selbst und ihre Beziehung regelmäßig reflektieren und überlegen, was man selbst oder als Paar in Zukunft besser machen kann. Nur so kann ein Lernprozess entstehen, der eine Weiterentwicklung und im Fall der Digitalisierung Innovation ermöglicht.


Konflikte ansprechen und klären

Konflikte sind das Lebenselixier für Innovation. Reibung, die mit Laufruhe angesprochen und geklärt werden führen in den meisten Fällen zu neuen Erkenntnissen und Möglichkeiten. Umgekehrt sind ungeklärte Situationen oft Hemmschuhe, die eine dauerhafte Weiterentwicklung verhindern. Ein professioneller Umgang mit Konflikten muss meistens von allen Beteiligten erst gelernt werden, oft mit externer Unterstützung.
Kurz, eine gute Zusammenarbeit zwischen IT und Business hilft, „alle beteiligten Mitarbeiter bei der Digitalisierung mitzunehmen“, eine Anforderung, die einer unserer Teilnehmer der solutions.16 im Nachgeflüster, als wesentlichen Erfolgsfaktor proklamiert hat.


Mittwoch, 12. Juli 2017

Gemeinsame Bilder als Schlüsselfaktor zum Projekterfolg

gemeinsame Bilder schaffen





Um in Projektteams optimal zusammenwirken zu können, sind Gespräche, Besprechungen und oft auch Workshops der Schlüssel zu hochwertigen Ergebnissen:
Auftragsklärungsgespräche, Fachgespräche, Klärungsgespräche, Wochentreffen, Lenkungsausschusssitzungen, Startworkshops, Anwenderworkshops, Ideenworkshops sind nur einige Beispiele. 

In solchen Situationen haben die Beteiligten die Aufgabe, ihr Wissen und Können so zusammen zu führen, dass optimale Resultate entstehen. Im Kontext prozessorientierter Projektarbeit nennen wir das „gemeinsame Bilder schaffen“.

Ein Beispiel macht dies deutlich: Die Mitglieder eines kleinen Projektteams haben die Aufgabe, gemeinsam eine Applikation für Kunden zu entwickeln. Beteiligt sind jeweils eine Person aus Marketing (A), Informationstechnik (B), Controlling (C) und einer externen Agentur (D), die die Applikation programmieren soll.

In diesem Bild repräsentieren die unterschiedlichen Farbbereiche A,B,C und D die unterschiedlichen Blickwinkel, die verschiedene Fachbereiche auf den möglichen Lösungsraum eines Projektes einnehmen. Jeder Bereich repräsentiert zu Beginn der Arbeit ausschließlich seine eigenen Probleme und Bedürfnisse. Die Überschneidung (Schnittmenge) dieser Blickwinkel ist zu Beginn oft sehr gering.

Am Anfang des Projektes haben die Beteiligten meist sehr unterschiedliche Bilder, wie die gewünschte Applikation aussehen sollte, was sie leisten soll und vor allem was sie kosten darf. Wenn diese unterschiedlichen Bilder nicht geklärt und zu einer gemeinsamen Sichtweise zusammengefügt werden, versucht jeder, seine eigene Vorstellung zu realisieren. Die Beteiligten haben dann das Gefühl, dass sie nicht verstanden werden und laufen in unterschiedliche Richtungen.

Jede einzelne Funktion hat also die eigene Idee und Lösung im Kopf, die zunächst die individuelle Problemsicht repräsentiert und mit den Blickwinkeln der anderen Beteiligten zunächst nichts zu tun hat. Die Überschneidung der verschiedenen Sichtweisen ist zu Beginn eines Projektes oft sehr gering. Dadurch entstehen oft immense Reibungsverluste, die immer jede Menge an Geld, Zeit und Energie kosten und oft in vielen Fällen noch zu einem unzureichendem Ergebnis führen.

Um ein stimmiges gemeinsames Bild zu entwickeln, ist es notwendig, die Einzelperspektiven Schritt für Schritt zusammenzuführen und zur Überschneidung (∩ ) zu bringen, d.h. Bilder der beteiligten Partner kennen zulernen, zu verstehen und damit die eigene Perspektive zu erweitern. Das Marketing (A) und die externe Agentur (D) lernen in diesem Prozess z.B. vom Controlling(C) wie viel Geld wirklich zur Verfügung steht, die externe Agentur (D) von der internen IT (B), welche Technik genutzt werden kann und alle Beteiligten (A,B,C) von der externen Agentur (D) wie eine solche Applikation nach modernstem Standard aussehen sollte.

Erst nachdem alle Perspektiven verstanden sind, können unterschiedliche Positionen geklärt und verhandelt werden, sodass ein gemeinsames Zielbild entsteht. Qualitativ hochwertige und für alle Beteiligten tragbare Lösungen entstehen folglich erst, wenn diese Bilder sich zu einer gemeinsamen Sichtweise vereinen. Da in Projekten oft Menschen zusammenkommen, denen diese Aufgabe nicht in die Wiege gelegt wurde, ist es meist anspruchsvoll, dies sicherzustellen.

Möglich wird dies durch qualitativ hochwertige und systematische Moderation und Gesprächsführung. Es gilt, die Überdeckung der Sichtweisen durch Austausch und geschicktes Fragen Schritt für Schritt auszubauen.

In der Praxis funktioniert das jedoch oft nicht so, wie man es sich vorstellt. Das liegt in 90% aller Fälle daran, dass die Beteiligten nicht gelernt und geübt haben, Gespräche professionell zu führen und Meetings zielführend zu moderieren. Schnelle Lösungen und Rezepte aus der Literatur oder dem Netz können hier Anregungen bieten, helfen aber oft nicht weiter.

Eine klassische oder agile Projektmanagementausbildung sollte deshalb immer durch eine Ausbildung in systematischer Gesprächsführung und Moderation ergänzt werden.